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OGH vom 17.12.2013, 5 Ob 69/13b

Ein Mieter beabsichtigte die Anbringung einer Videokamera auf dem Türstock seiner Wohnungstür. Nur 1,15 m daneben liegt die Nachbarwohnung. Beim Betreten oder Verlassen dieser Wohnung betritt man zwangsläufig auch den Überwachungsbereich, außer man hält sich peinlich an eine „gedachte Demarkationslinie“. Dieser Nachbar stimmte der Montage der Videokamera daher nicht zu. Daraufhin begehrte der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zur Montage der Videokamera, weil seine Wohnung in einer Nische im Erdgeschoss liege und stark einbruchsgefährdet wäre, auch hätte die Vermieterin in anderen Wohnhausanlagen bereits der Montage von Videokameras zugestimmt und führe auch selbst in 23 städtischen Wohnhausanlagen Videoüberwachungen durch. Alle 3 Instanzen wiesen den Antrag ab:
Das Begehren des Mieters (ob nämlich der Vermieter der Installation einer Überwachungskamera durch einen Mieter im Gangbereich zustimmen muss) ist nach § 9 MRG zu beurteilen; alle dort genannten Voraussetzungen müssen erfüllt sein – so müssen vor allem ein wichtiges Interesse des Mieters vorliegen, die Verkehrsüblichkeit dieser Maßnahme, darf keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer gegeben sein usw.
Der Schutz des Eigentums vor Einbrechern ist grundsätzlich ein wichtiges Interesse des Mieters. Werden aber durch die geplante Videoüberwachung auch Bereiche des Gangs erfasst, die dem Zutritt zu anderen Wohnungen dienen, liegt ein Eingriff in die Privatsphäre anderer Mieter und auch des Vermieters vor (letzterer ist nämlich verpflichtet, Interessensbeeinträchtigungen seiner Mieter zu verhindern und hat daher ein eigenes Interesse daran, dass die Überwachung nicht erfolgt; sonst besteht auch die Gefahr widersprechender Entscheidungen). Es ist daher auch nicht relevant, ob eine Aufzeichnung oder lediglich eine Echtzeitüberwachung erfolgt.
Bildaufnahmen im Privatbereich stellen eine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre, das nicht an der Wohnungsinnentüre endet). Es ist daher ein berechtigtes Interesse, dass das Betreten einer Wohnung nicht lückenlos überwacht wird.
Steht ein Eingriff in die Privatsphäre fest, bedarf es auch keiner Interessensabwägung (im Übrigen ist die Verkehrsüblichkeit nicht schon dann gegeben, wenn ein Großvermieter in anderen Fällen der Montage einer Kamera zugestimmt oder in einigen Häusern selbst Kameras installiert hat).

ähnlich:
OGH vom 04.07.2013, 6 Ob 38/13a
Videoaufnahmen eines fremden Daches

Der beklagte Nachbar überwachte auch das Dach des Nachbarhauses. Die Klägerin benutzte das Dach zwar nicht, sie könnte es aber jederzeit benutzen. Konkret könnte der Überwachungszweck auch erreicht werden, ohne das fremde Dach aufzunehmen.
Lt. OGH reicht dies aus und liegt bereits ein Eingriff in die Geheimsphäre vor. § 18 Abs 2 DSG erfordert ferner die Vorabkontrolle – dh erst nach Prüfung durch die Datenschutzkommission darf eine Videoüberwachung aufgenommen werden (diese Genehmigung wurde nicht eingeholt).

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